Vom Himmelsee in de LKW-Hölle

04.09.2009 (m) – Himmelsee – Jimisar: 129km, 500Hm

Wir schreiben unterdessen den 4.September 2009. Gestern haben wir uns noch vorgenommen, heute einen Tag am See zu bleiben. Doch als wir gegen 10 Uhr das Zelt verlassen, ist das Wetter nicht so berauschend und außerdem stürmen Horden von chinesischen Touristen den See. Zudem möchten wir die Gastfreundschaft der kasachischen Familie nicht überstrapazieren und so beschließen wir, doch aufzubrechen. Unterhalb unseres Zeltplatzes wird gerade alles für den Mittagsansturm bereitet – der Grill wird eingeschürt, die Spießchen liegen sauber aufgeschichtet am Rand und der Getränkestand wird bestückt. Wir bedanken uns nochmals herzlich und rollen gegen 11 Uhr, nachdem wir der 3***-Toilette (und das in China!!!) noch einen Besuch abgestattet haben, Richtung Tal, das wir nach schnellen 36 km wieder erreichen. Als wir die Wahl zwischen der Landstraße und der Autobahn haben, entscheiden wir uns für letztere, nachdem wir damit gestern so gute Erfahrungen gemacht hatten. Der Verkehr hält sich wiederum in Grenzen und es läuft gut. Doch leider endet die Autobahn bereits nach 8km wegen einer Baustelle. So werden wir auf die Landstraße „getrieben“, die wir nach einigem hin und her auch finden. Natürlich wird diese jetzt auch von sämtlichen anderen Fahrzeugen verwendet. Gottseidank gibt es einen einigermaßen breiten Seitenstreifen, sonst wäre die Straße unfahrbar! Unsere Blicke schwenken hektisch zwischen Spiegel, Gegenverkehr und Straßenrand. Einigermaßen positiv ist noch, dass die LKW per Hupe auf sich aufmerksam machen und in gebührendem Abstand überholen. Der Routenverlauf ist ernüchternd. Endlos lange Geraden mit Kaugummi-Steigungen. In der Ferne zwar das schöne Bogdan Shan-Gebirge, doch für Sightseeing bleibt keine Zeit. Der Straßenverkehr erfordert alle Aufmerksamkeit. Erschwerend kommt hinzu, dass wir natürlich für die weite Strecke (gesamt 133km) viel zu spät aufgebrochen sind. Ständig berechnen wir, ob wir überhaupt noch vor Sonnenuntergang Jimisar erreichen können. Konstant leichter Gegenwind, immer und immer wieder kilometerlange Anstiege und gefühlte 1000 LKWs vermiesen die Stimmung. Dazu kommen noch die trostlosen Blicke auf die vielen Kohle- oder sonstwas-Kraftwerke. Immer wieder passieren wir große Kohlehaufen, in denen Menschen mit Schaufeln stehen, auf der gegenüberliegenden Seite kleine, einfache Baracken, in denen die Arbeiter wohl wohnen müssen. Etwas deprimierend das Ganze. Das macht unsere „Strapazen“ und „Ängste“ wieder ziemlich unbedeutend. Dennoch blicken wir immer wieder sorgenvoll auf die Straßenschilder in der Ferne – noch 55km, noch 43km, noch 30km. Erst als die Autobahn neben uns wieder offen ist, entspannt sich die Situation mit den LKWs etwas. Die untergehende Sonne blitzt im Rückspiegel, wir strampeln ohne Pause der Stadt entgegen. Laut meinem Tacho sind es jetzt noch 15km und die Sonne sollte noch eine knappe Stunde Licht spenden…genau mit Sonnenuntergang stehen wir vor einem blitzsauberen Hotel, dessen eifrige Mitarbeiter uns das Fahrrad abladen und – nach einer Gepäckkontrolle – auch aufs Zimmer bringen. Wir haben gelesen, dass Chinesen viel Wert auf das Äußere legen und keine struppeligen Haare, kurzen Hosen und ungepflegtes Auftreten mögen. Als wir so in der Lobby stehen, sind wir wohl gerade die unbeliebtesten Menschen im ganzen Land. Zwei Seifenstücke und unzählige Duschgel-Tütchen später sitzen wir im Hotelrestaurant und wählen von der Bilder-Speisekarte fünf Gerichte aus. Diese sind jedoch so reichlich, dass wir trotz der langen Etappe heute nicht alles aufessen können. Wir lernen dazu! Beim nächsten Mal nehmen wir weniger und bestellen lieber nach…und…morgen ist PAUSETAG!

2009-09-04

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