Von Schlachtfeldern und Waisenhäusern

09.12.2009 (m) – Pleiku – Kontum: 49km, 300Hm

Pleiku und Kontum, zwei Orte, die man nicht sofort auf seiner Gedächtnislandkarte findet, geschweige denn die Geschichte dazu kennt. Vietnam verbinden viele untrennbar mit dem gleichnamigen Krieg und die beiden genannten Orte sind bedauerlicherweise Hauptdarsteller dieser grausigen Vergangenheit. Vor allem in den Hügeln rund um diese Siedlungen fanden erbitterte Schlachten zwischen den Vietcong und der US-Armee statt. Je länger man in den Tiefen von „Google“ nach Fakten rund um diese Abscheulichkeiten fahndet, desto stärker beginnt sich der Kopf zu schütteln. Heute zeugen nur noch die vielen kahlen Hügel von den Ereignissen, dem Agenten in orange sei „Dank“. Er zeichnet sich übrigens auch dafür Verantwortlich, dass noch im Jahre 2007 über 1,5 Mio. Vietnamesen direkt von den Folgen betroffen sind! Wahrlich unvorstellbar. Umso erstaunlicher, mit welcher Freundlichkeit die Menschen, ob jung oder alt, dem „Ausländer“ gegenüber auftreten. Lachen, winken, Daumen hoch…wir genießen es. Wenn man dann aber wieder einen behinderten Vietnamesen sieht, oftmals sind sie zudem noch sehr jung, zieht es einem doch den Magen etwas zusammen. Es ist so ungerecht!

Die Strecke verlangt uns glücklicherweise nicht so viel ab und so haben wir ausreichend Zeit, alle Winkanträge gründlich abzuarbeiten. Der Himmel ist blau, die Luft sommerlich warm – das schreit förmlich danach, eine ausgedehnte Pause in einem der vielen Cafés am Straßenrand einzulegen. Sogar Hängematten und Hollywood-Schaukel sind im Angebot. Wir bleiben bei den bequemen Halb-Liegestühlen. Trotz der gemütlichen Fahrweise sind wir schon am Mittag in Kontum, das deutlich kleiner ist als Pleikun gestern, mit diesem aber gemeinsam hat, im Vietnamkrieg komplett niedergebügelt worden zu sein. Das Guesthouse ist zentral, die Leute freundlich. Nach einem kurzen Mittagessen besichtigen wir die alte Holzkirche von 1913 (hat den Krieg offenbar überstanden) und das dahinter liegende Waisenhaus. Zwei Nonnen kümmern sich mit einigen Helferinnen und Helfern um über 200 Kinder, vom Baby bis zum Jugendlichen, denen das Schicksal übel mitgespielt hat. Oft ist die Malaria daran Schuld, dass die Minderjährigen keine Eltern mehr haben. Das Gelände ist nicht allzu groß, Schlafstätten (bis zu 20 Betten Kopf an Kopf), die Außenküche und die Unterrichtsräume können besichtigt werden. Die Kinder besuchen eine externe Schule und machen im Heim dann nur noch die Hausaufgaben. Als wir einen Blick hineinwerfen machen 4-5-jährige gerade Mathe, die Älteren studieren den Jackson-Song „Heal the world“ ein. Heute Abend ist eine belgische Delegation angemeldet, die musikalisch und schauspielerisch belustigt werden soll. Wahrscheinlich lassen sie auch eine Spende da…wie wir auch. Wir übergeben, nachdem wir auch ein bisschen unterrichtet haben (Strophe 2 und 3 des Songs mussten vorgelesen werden), einen Umschlag an die Chef-Nonne. Gerne hätten wir direkt etwas für die Einrichtung gekauft, doch in der Kürze der Zeit und im Vorbereitungsstress blieb keine Zeit etwas auszuloten. Wir sind dennoch sicher, dass unser Geld nicht falsch angelegt ist. Im Gegenteil, wir sind froh zu wissen, dass hier mal direkt und ohne Umwege geholfen werden konnte.

Die Hitze und die lange Radpause setzen uns derzeit noch mehr zu, als uns lieb ist und so sind wir nach dem Tag ziemlich geschlaucht. Trotzdem raffen wir uns noch zu einem typisch, vietnamesischen Abendessen auf – gebratener Reis bzw. Nudeln mit Gemüse und hausgemachte Pommes. Bitte keine Gewürze, könnte ja speziell schmecken ;-)

09Dez2009

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