Immer ruhig bleiben

08.10.2009 (m) – Hongyuan – Longriba: 54km, 27Hm

Nachts wache ich mehrfach auf und stelle mir vor, wie es draußen gerade dicke Flocken schneit. Ich rechne am nächsten Morgen fest mit einer Schneeauflage vor der Tür. Das Zelt steht wieder einmal bombig auf dem Bett. Es ist wirklich praktisch, da die Temperatur im Zelt locker 10 Grad über der Raumtemperatur liegt. So lässt es sich angenehm und kuschelig schlafen. Katrin muss dann morgens herhalten und im Schlafgewand durch das kalte Zimmer zum Fenster tapsen. Vorsichtig fliegt der Vorhang zur Seite…kein Schnee! Aber tiefe Bewölkung und leichter Nieselregen. Wir stellen den Wecker ein wenig nach und dösen noch eine Runde. Gegen 7.30 Uhr ist das Wetter kaum besser, aber einen Tag hier bleiben macht ja auch keinen Sinn. Also schön warm einpacken, Regensachen drauf und raus in den Kampf. Sooo kalt ist es dann gar nicht und immerhin bläst der Wind von hinten. So bemerken wir kaum, dass die Straße Richtung Pass leicht ansteigt. Erst die letzten Kilometer vor der Passhöhe sind deutlich steiler, so dass wir in all unseren Klamotten gehörig ins Schwitzen kommen. Oben am Pass auf 3830m herrscht Windstille, die obligatorischen Gebetsfähnchen tanzen nicht wie sonst aufgeregt im Wind. Ausblick bietet sich wegen des Nebels keiner und so wechseln wir die nassen Sachen gegen trockene und noch wärmere Kleidung und stürzen uns in die Abfahrt! Weit gefehlt, denn kurz nach dem Pass löst sich der Teerbelag dank einer langen Baustelle in ein schmieriges Braun auf. Matsch und Dreck vom Feinsten, der sich gierig auf die vorgestern frisch geputzten Bikes stürzt. So holpern wir gen Tal, immer darauf bedacht auf dem seifigen Untergrund nicht noch einen Sturz zu bauen. Unsere Konzentration liegt voll auf der Abfahrt, so dass wir den heftigsten Gegenwind erst in der Ebene bemerken. Zwar führt die Straße ab hier weiter flussabwärts, doch die Windstärke gleicht diesen Vorteil mehr als aus. 51 km stehen noch bevor. Dies verführt mich zu einem kurzen Ausflipper, der sich darin äußerst, dass ich mein Fahrrad unsanft am Straßenrand parke und die Handschuhe fast einen Abdruck im harten Erdboden hinterlassen. Ich habe in diesem Moment einfach absolut keine Lust vier Stunden mit 12 km/h „bergab“ zu fahren. Katrin versucht mich zu beruhigen, was mich fast noch wütender macht, da ich gerne mal hätte, dass sie einfach mitleidet! So ein sonniges Gemüt kann manchmal auch anstrengend sein, wenn man einfach mal nur schimpfen will! Aber es hilft ja nichts. Man muss sich wieder auf die positiven Seiten konzentrieren und die heißen in dem Moment Sonne und schöne, bewaldete Herbstlandschaft – sieht fast ein bisschen aus wie zu Hause. Und so führt uns eine Pedalumdrehung nach der anderen näher ans Ziel.

Nach einiger Zeit windet sich die Straße ein wenig , was auch mal Windpausen ermöglicht, und das Gefälle nimmt stellenweise etwas zu. Und so macht es dann doch wieder Spaß und rückblickend bringt so ein Aufreger gar nichts, wenngleich er natürlich auch mal gut tut. Erst mal abwarten, was der Streckenverlauf so bringt…ruhig bleiben, weiterfahren ;-)

Eine Polizeikontrolle mit den gewohnten Formalitäten empfängt uns im Ort Shijiangsi, der ein klassisches Straßendorf bildet. Alles Nötige ist vorhanden, sogar ein Hotel. Und so wird der Plan, bereits heute nach Barkam zu fahren schnell ad acta gelegt, zumal die Kilometerangaben von Karte über Polizist bis Koch von 47 bis 100km reichen. Das ist uns auch in Anbetracht der Windverhältnisse zu riskant. Und so belegen wir ein ordentliches Zimmer, gehen gegenüber des Binguans Mittagessen und verbringen dann den restlichen Nachmittag im leider wieder sehr kalten Zimmer mit Kaffee trinken, lesen und Fernsehen (die China Open im Tennis erregen unser Interesse). Draußen ziehen immer wieder dunkle Wolkenschichten vorbei und wir hoffen mal wieder, dass die Schlechtwetterfront nun endlich morgen vorüber ist.

08Okt2009

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