Kasachisches Landleben

10.09.2009 (m) – Mulei – Xiaolaoba: 119km, 1000Hm

Erneut rollen wir mit den ersten Sonnenstrahlen aus der Stadt. Es geht gleich mal einen steilen Berg hinauf, kurz nach dem Abzweig auf die Hauptstraße liegt eine gewaltige Ebene vor uns. Schier endlos erscheint die Gerade vor uns. Glücklicherweise kommt der Wind aus dem Rückraum, so dass wir wenigstens – trotz der konstant leichten Steigung – eine mittlere Reisegeschwindigkeit erreichen, immer der Sonne entgegen. Die Landschaft ist sehr karg – Steppe. Das Gebiet ist verständlicherweise nur dünn besiedelt, einzig ein paar Schaf-, Ziegen- oder Kamelherden säumen den Straßenrand. Dazwischen von Zeit zu Zeit ein kasachischer Hirte auf seinem Motorrad. Sonst nur der Wind, das surren der Reifen auf dem (übrigens sehr guten) Asphalt und die endlose Weite. Weitere, deutlich weniger als am zweiten Tag, dafür aber ständige, Begleiter sind die unglaublich beladenen Lastwägen. Meistens haben sie kartonweise Melonen geladen, hin und wieder aber auch noch Kohle oder undefinierbares Gerümpel. In jedem Fall fahren sie aber sehr rücksichtsvoll, machen hupend auf sich aufmerksam und umkurven uns in weitem Bogen. So fahren wir ca. 80 km und erreichen schließlich einen kleinen Ort (Dashitou). Hier legen wir eine Mittagspause ein und bekommen äußerst leckere Nudeln mit einer würzigen Gemüse-Rindfleisch-Sauce serviert. Wir schätzen den Nudelberg vor jedem von uns auf gut 500g. Aber – Radfahren macht’s möglich – passt locker in unsere Mägen! Wir können es auch gebrauchen, denn ab diesem Ort steigt die Straße langsam (sehr langsam) aber stetig an. Zwar sind es bis zum Etappenziel nur noch 50 km, doch ca. 800 Hm gilt es bis dorthin zu bewältigen. Die Steigung liegt zwar meist nur zwischen 1-3%, jedoch ist der Anstieg stets spürbar und man kommt nur zäh voran. Die Landschaft weiß aber zu gefallen, viele Hügel und Berge erheben sich aus der Steppe, davor Kamele, wie aus einem Bildband der Seidenstraße.

Gegen Ende des Tages erwischt uns leider doch noch der Gegenwind. Aus vollen Rohren bläst er uns ins Gesicht, zudem ist die Steigung merklich intensiver geworden. So werden die letzten 20km noch zur Geduldsprobe. Doch nach einem letzten kleinen Pass liegt das Örtchen Xilaoba vor uns. Direkt nach der Tankstelle folgt eine Häuserzeile, in denen sich einige kleine Geschäfte befinden. Davor und dahinter nichts als Staub und, man muss es leider sagen, Müll. Wir steuern gleich den ersten Laden an und decken uns mit Wasser, Grüntee und Bier ein. Der gute Mann kann leider kein Chinesisch, schnell sind aber einige Neugierige zur Stelle, mit deren Hilfe es letztlich doch noch gelingt, die für ihn wohl unvorstellbare Menge von 12 Flaschen Wasser herauszurücken (er wollte uns immer nur zwei geben…).

Im Anschluss versuchen wir einem Mann klar zu machen, dass wir hier gerne irgendwo unser Zelt aufschlagen möchten. Schwer, so ohne Kasachischkenntnisse. Katrin zückt das „point it“ und schnell werden wir an einen Mann auf einem Motorrad vermittelt, der uns genau vier Häuser weiter, die Zeile hinauf, absetzt. Wir sind am „Guesthouse“ des Ortes, was so viel bedeutet, als dass man uns einen kleinen Raum, in dem sich geschätzte 12 Betten befinden, zuweist. Kassiert wird auch gleich – 40 Yuan. Davon krallt sich der Motorradvermittler 35, die übrigen 5 überlässt er dem Vermieter. Ich schätze mal, da haben wir für diesen Ort einen stattlichen Preis bezahlt…Nachdem uns die Betten nicht spontan anlachen, beschließen wir, unser Innenzelt auf dem Boden zu errichten und auf unseren Matten zu nächtigen.

Mit der untergehenden Sonne erscheint, wie nicht anders zu erwarten, der Dorfpolizist. Wir wollen ihm unserer Pässe in die Hand drücken und essen gehen, da gibt er uns zu verstehen, dass wir doch bitte mitkommen sollen. Also werden wir zu Polizeiwache kutschiert, wo wir natürlich schnell wieder in den Mittelpunkt rücken. Erst hacken sie wie wild im Computer rum, dann fragen sie, woher, wohin. Katrin kann alle Fragen gut beantworten, dennoch hält sie kurz später das Handy eines Polizisten mit einer Englisch-Dolmetscherin in der Hand, um exakt dieselben Fragen nochmals zu Protokoll zu geben. Danach dauert es eine gute Dreiviertelstunde (wir werden vor den Dienstfernseher verfrachtet und müssen das idiotische, chinesische Programm schauen) bis letztlich alle Formulare „ausgemalt“ sind und wir zurück zur Unterkunft gebracht werden (Fußweg 300m!).

Wir essen erneut sehr leckere Nudeln und gönnen uns ein „Wusu“-Bierchen dazu. Gegen 22 Uhr huschen wir ins Zelt, da wir morgen wieder gut 120km bewältigen müssen. Schnell schlafen wir ein…dann klopft es an die Tür. Ein Blick zur Uhr verrät: fast Mitternacht. Fünf Spätankömmlinge brauchen auch noch ein Bett. Sie stolpern halb über unser Zelt und amüsieren sich sehr. Licht an, Handytelefonate, mal schön auf den Boden gerotzt, noch gemütlich ein Zigarettchen geraucht…sie sind aber ansonsten sehr nett und als die Besitzerin das Licht ausmacht, schlafen sie dann auch bald und vor allem ruhig!

2009-09-10

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