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AIDA-Spezial – Teil 2 (k)

von sabbatradler
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Aida Stella – 12 Tage nonstop von Mallorca nach Dubai – ein kurzer Einblick

3. Seetag – 11.11.2015

8:30 Uhr ist heute die Zeit, aufzustehen. Diese Nacht hatten wir das Licht im Badezimmer angelassen, um einen leichten Lichtschein in der Dunkelkammer zu haben. Die völlige Dunkelheit hier in der Innenkabine bin ich nicht gewohnt, ich schlafe nicht gerne tiefschwarz.
Im Restaurant „Bella Donna“, das sich auf Deck 10 zwischen dem „Markt“ (Deck 9) und dem „East“ (Deck 11) befindet (ich “liebe” diese Restaurant-bezeichnungen!), gibt es Frühstück bis 10.30 Uhr. Hinter einer heißen Platte von 50cm Durchmesser steht Renan John Tuala, 31, von den Philippinen. Er sieht aus wie 19. Von den Philippinen sind übrigens die meisten hier – auf Seite der Crewmitglieder von Maschine bis Service. Indien, Mauritius und Indonesien sind ebenfalls größere Gruppen. Der Künstlerbereich der „Aida Stars“ scheint dagegen eher in osteuropäischer Hand. Insgesamt 24 Nationen sind im Personal vertreten.
Renan lässt Pfannkuchenteig durch einen Aluminiumtrichter laufen – auf der heißen Platte entstehen kreisrunde Fladen. Nachdem er sie einmal umgedreht hat, landen sie als „Pancakes“ auf der Platte und warten darauf, mit der Edelstahlzange geschnappt zu werden. Renan erzählt mir, dass er das erste Mal auf dem Schiff ist. Seit Oktober ist er dabei und er muss sich erst noch einleben und schauen, wie alles so läuft. Ob er die nächsten 10 Monate hinter der Pfannkuchenplatte verbringen wird, oder ob er auch mal einen anderen Auftrag bekommt, weiß er noch nicht. Er weiß auch nicht, wo das Schiff in dieser Zeit überall sein wird. 10 Monate dauert ein Arbeitseinsatz. Dann gibt es 2 Monate Heimaturlaub. Das gilt für alle Servicekräfte hier. Andere Berufsgruppen haben andere Wechselzeiten. Die Rezeption arbeitet nur 4 Monate am Stück und macht dann 2 Monate Pause. Hier ist es wohl noch schwieriger dauerhaft freundlich zu bleiben, als im Service. Kommen bei den Servicekräften vor allem Forderungen an, so sind es an der Rezeption überwiegend Beschwerden.

An der Teebar helfe ich Hilde aus Mannheim den Hahn nach vorne zu öffnen – es erfordert ein wenig Kraft. Der Tee zum Selbermachen ist wirklich gut – mein besonderer Favorit ist „Relax Ayurveda“. Am Nebentisch höre ich Klaus aus dem Rheinland, wie er sich wünscht, im nächsten Leben im Allgäu geboren zu werden.

Auf Deck 10 befindet sich ganz vorne am Bug die Aida Lounge. Ein großer, heller Lesebereich mit Couchmöbeln. Ich schmökere im Oman-Reiseführer und werde genötigt dem Aida-Golf-Urgestein „Günni“ bei seinen Erklärungen zuzuhören. Er scheint wohl für eine private Einführungsveranstaltung gebucht worden zu sein und hat sich ausgerechnet die Bibliothek ausgesucht, um Uschi, Martha und Bernd zu erklären, was ein Handicap ist, wie man zu einer Platzfreigabe kommt, dass man in einem Golfclub gar nicht unbedingt Mitglied sein muss, sondern dass man auch auf der Drivingrange spielen kann und wie man den Weg in die Golfwelt am besten bestreitet. Ich denke mal, Wikipedia wäre günstiger gewesen. Aber hier geht es den Leuten nicht um günstig. Einmalige Gelegenheiten mit einmaligen Persönlichkeiten muss man sich wohl auch was kosten lassen.

Um 11 Uhr startet im Theatrium, das ein offenes „Amphitheater von Deck 9-11 in der Mitte des Schiffs ist, der Vortrag „Suezkanal“ von Dorine Ali-Khan. Viele Plätze sind belegt. Ich erhasche noch eine Flezinsel mit TV, auf der auch der Vortrag übertragen wird – gleichzeitig mit Blick aufs Meer. Bei jedem automatischen Öffnen der Schiebetür zum benachbarten Pooldeck ist die Dame allerdings kaum noch zu verstehen. Draußen tobt bereits der Countdown für die Karnevalsparty in 11 Minuten. Das Treiben lockt mich hinaus. Ich fotografiere ein Schwein, das Prinzenpaar, Asiaten, die blecheweise Krapfen herbeischleppen, den Chefkoch Franz Schned, wie er Heringssemmel unter die Leute bringt und lasse meine Kamera mit Minimars und Kinderschokolade bewerfen. Freibier für die nächste halbe Stunde – bis Neptun mit seinem Gefolge kommt und alle tauft, die getauft werden möchten. Die Hände zum Himmel!

Zeit für Sport. Mit dem Fitnessstudio auf Deck 11 bin ich schon bestens vertraut. Noch gut spüre ich sträflich vernachlässigte Muskelgruppen, die ich gestern und vorgestern in einer Hauruckaktion wieder „in shape“ bringen wollte. Daher wähle ich jetzt das Liegerad und strample bei Stufe 14 ca. 8km ab, was 450 Kalorien verbraucht. Puls kaum bei 140, aber ich schwitze wie ein Schwein! Wo ist der Fahrtwind!? Vor mir auf der anderen Seite der Panoramaverglasung zieht eine blaue Welt vorbei.
Ein kurzer Schwenk hinauf in die Dampfsauna bevor ich um 13 Uhr meine Verabredung zum Mittagessen im „East“ halten kann.

Wer hat das rote Fischcurry gemacht? Es ist tatsächlich ein bisschen scharf und kommt ziemlich original daher. Am liebsten bin ich hier zum Essen. Die Atmosphäre ist gemäßigt und das Personal äußerst sympathisch. Ronald, 35, aus einer Stadt in der Nähe von Manila, arbeitet schon seit 12 Jahren auf Aida-Schiffen. Immer 10 Monate fern von daheim. Seefahrer-Los. Täglich skypt er kurz mit seiner Frau und den drei Kindern. Noch zwei Wochen – das heißt, zweimal die Dubai-Muscat-Abu Dhabi-Dubai-Tour und dann geht‘s zurück zur Familie. Er freut sich schon. Andro ist jünger. Er ist mein Liebling. Sieht aus wie 17 und ist aber wohl 29. Irgendwie halten sich die Philippinos sehr gut. Heute steht er etwas müde stramm, denn „too much beer yesterday“. Andro verprüht mit seinem verschmitzten Lächeln wahre Lebensfreude. Er möchte nicht heiraten – er bevorzugt „Party“ und Freiheit. Gelie hingegen ist schon auf seinem zweiten Schiffseinsatz. Er ist 35 Jahre alt und seine Frau betreut in der Heimat einen kleinen Laden und die gemeinsame 9-jährige Tochter. Gelie lernt extrem schnell die Namen seiner Gäste und lauter lustige Sätze, die er aneinander reiht. „Ich komme wieder, keine Frage! Ach du Schreck, der Mond ist weg.“ Letzteren habe ich ihm beigebracht. Er ist im Mai mit seiner „Schicht“ fertig und überlegt dann allerdings, auf den Philippinen zu bleiben.

Am Nebentisch sehe ich Thomas Müller. Einmal. Nein, zweimal. Nein, dreimal: Mutter-Vater-Kind. Das Bayern-Trikot gab‘s wohl im Familienpack günstiger. Wenn du nie was billig kaufst, kannst du auch nie gut aussehen!

Arbeitszeit. Es muss mal was aufgeschrieben werden, sonst vergisst man ja alles. Ich sitze im Lesesaal und komme mir wegen des Ausblicks ein wenig vor wie auf der Brücke. Blau so weit das Auge reicht. Noch 250 km bis zum Suezkanal.

Wie soll ein deutsches Schiff fahren, ohne „Kaffee und Kuchen“. Die Zeit von 15.30 – 16.30 eignet sich hervorragend, um sich ein paar Gläser Tee aufzubrühen und vielleicht einen Mini-Muffin oder einen Cookie zu teilen. „Kaffeeundkuchen“ ist eine Institution. Schaut man auf manchen Teller, der vom Buffet zum Tisch gezittert wird, so findet man all die Sehnsüchte des Nachkriegsdeutschen darin vereint: endlich mal wieder schön sattessen. Aber warum die Sehnsüchte Generationen überdauern, ist mir nicht ganz klar.

In der Kabine wartet meine Gitarre auf mich. Sie dachte sich wohl auch, dass sie mehr zum Einsatz kommt, aber tatsächlich vergeht die Zeit wie im Flug. Die Rhythmisierung durch die Essenszeiten und die eigene kleine Routine lassen kaum Übungszeit zu. Ich übe den d-moll Akkord und die C-Dur Tonleiter. Immernoch habe ich das Gefühl, ich habe verkrüppelte Wurschtfinger. Wie kann ein Finger nur eine einzige Seite drücken? Ich lege die Gitarre wieder unters Bett.

Oben beim Theatrium vor der StellaBar spielt das Duo Aquanote. Habe ich schon erwähnt, dass die Musiker hier an Board alle herausragend sind? Aquanote ist die Mischung aus einer blondierten Slowakin mit einem Porzellangesicht, einem herzlichen, kindlichen Lachen und den Bewegungen einer Marionette. Dazu eine Stimme vom Feinsten. Sie wird begleitet von einem Gitarristen, der aussieht wie ein Musiker vom Balkan aus früherer Zeit. Oder ein Indianerverschnitt. Seine langen, schwarzen Haare sind zu einem Pferdeschwanz gebunden. Er trifft alle Seiten und lächelt unmerklich. Ich lausche andächtig.

In der Bibliothek ist es wie immer ruhig. Ich widme mich erneut dem Oman Reiseführer. Mann muss ja wissen, ob man ein Kopftuch anziehen muss oder wo es besonders schön ist.

Im East-Restaurant ist heute Themenabend „Indien“. Obwohl wir im offenen Küchenbereich keine Inder entdecken können, müssen doch irgendwo welche sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass all das wohlschmeckende Zeug auf dem Mist von Markus gewachsen ist, der hier Oberkoch ist und aus dem Schwäbischen kommt. Markus möchte noch längere Zeit auf dem Schiff arbeiten. Als Koch, meint er, verdient man an Land ja kaum genug um noch ein Auto und eine Wohnung zu finanzieren. Da ist das hier schon lukrativer und „man sieht auch noch was“.

Um 21.30 Uhr sollte man den lieben Servicekräften das Feld räumen, damit sie alles säubern können und für das Frühstück eindecken. Der Tag geht zu Ende mit einem Spaziergang über das Pooldeck und großen Augen. „Tote Enten sollten nicht verwesen – tote Enten bringt man lieber zum Schinesen“ schallt es aus der Anlage. Es ist 0.00 Uhr. Wir haben unseren Ankerpunkt vor der Einfahrt in den Suezkanal erreicht. In zwei, drei Stunden starten wir in einem Konvoi die Passage. Hellau und Allah!

(Anm.: die Namen deutscher Gäste sind allesamt erfunden)

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