Quer durchs Land 14.05.2010 (k) Busan – Seoul mit dem Zug Die Check-Inn und Check-Out-Zeiten der japanischen Hotels (und das Toyoko-Inn, in dem wir heute übernachten, ist eine japanische Kette) sind wirklich unmenschlich: ab 16.00 Uhr kann man erst sein Zimmer haben und um 10.00 Uhr muss man schon wieder draußen sein. Für uns ist das heute allerdings in Ordnung, weil wir sowieso einen Zug nach Seoul nehmen möchten. Wir schaffen den Zug um 10.30 Uhr – die langsame Linie, damit wir mit den Rädern auch keine Probleme verursachen. Hätte jeder Zug der Welt so viel Platz hinter den letzten Sitzen eines Wagens, könnte man getrost in jedem Waggon vier verpackte Räder transportieren. Unsere passen nämlich beide hinter einen Sitz. Niemand stört sich daran. Wir sind froh, dass es so gut klappt, ist es doch immer wieder ein bisschen spannend, mit den Rädern einen Transport zu nehmen. Mittlerweile sind wir darin allerdings Routiniers. Die Fahrt quer durchs Land Korea zeigt uns vor allem dies: hier muss man nicht unbedingt radeln. Vorrangig grüne Hügel und dann noch besiedeltes Talgebiet. Im Großraum Seoul hält Herr Smog die Hand drauf. Wirklich schön sieht – zumindest vom Zug aus – keine der Städte aus. Es entsteht eher der Anschein als sei die Bausünde in diesem Land ein Bagatelldelikt. Nach fünfeinhalb angenehmen Zugstunden haben wir das Land von Südost nach Nordwest durchquert und steigen am modernen Hauptbahnhof der 11 Millionen Metropole aus. Seoul soll eine der sichersten Städte der Welt sein, die einzig gefährliche Sache sei wohl der Verkehr. Nun denn – Helme auf und rauf auf die 8 Spuren. Ach, warum sehen mich die Augen des LKW von vorn an? Da war ja was – hier müssen wir wieder rechts fahren! Es sind nur ungefähr drei Kilometer bis zu unserem Hotel (haben gleich gestern Abend noch ein Zimmer gebucht im Seoul-Ableger des Toyoko-inn), die sich gut fahren lassen. Trotzdem ziehen wir für den abendlichen Ausgang die Metro vor. Eine richtige Fahrrad-Stadt ist das hier nicht. Wir strollen durch den Bereich Dongdaemuns, nur zwei Stationen von unserem Hotel entfernt. Die Straßen hier quellen über vor Bars, Kneipen, Restaurants und unzähliger kleiner, origineller, einladender Kaffees. Geschäfte dazwischen versuchen mit lautstarker Musik oder glitzernder Leuchtreklame auf sich aufmerksam zu machen. Jung und Alt ist auf den Füßen – die ausgelassene „juhu, Wochenende“-Stimmung flirrt durch die Luft. Die Seele Seouls steht wohl auf gebratenes Hühnchen in Variationen. Alle paar Meter findet sich hier ein Hähnchenrestaurant. Wir genehmigen uns ein solches, über Holzfeuer gebrutzeltes Federvieh in Chilisauce. Kommt einher mit zylinderförmigen Knabberchips, geraspeltem Kraut mit Mayonnaisedressing, eingelegten Rettichwürfeln und natürlich zwei frisch gezapften heimischen Halben. Zum Nachtisch gibt’s einen Spaziergang um den Block, wo wir wahrscheinlich auffallen, weil wir gar so langsam gucken. Dauert auch, bis man all die Eindrücke einigermaßen im Gehirn geordnet bekommt. Zwischen besonders stylischen Bars und Fastfood-Ketten finden sich hier auch Straßenhändler und kleine Garküchen, die vorwiegend Muscheln und andere Meeresschätze anbieten. Das ganze Flair ist im Vergleich zu Japan um ein Vielfaches asiatischer. Für uns also nicht nur geographisch ein Zwischenschritt in Richtung China. Auf ein Feierabendbier schwenken wir in eine Kneipe ein, bevor uns die Müdigkeit ins Hotel zurückschiebt. Leider war für morgen schon alles ausgebucht, weshalb wir noch nicht ganz im Klaren sind, wohin wir wechseln sollen. Wir suchen im Internet noch nach freien Betten. Doch viele Hostels haben nur noch Schlafsaalplätze und sind außerdem recht weit von unserem jetzigen Standort entfernt und wir haben nicht so richtig Lust, den halben Tag durch die Stadt zu radeln. Außerdem steht noch die Aktion Fährticketkauf an, doch das Gebäude, in dem sich das Büro der Fährgesellschaft finden soll, können wir auf dem Stadtplan nicht lokalisieren. Die Adressenproblematik (für uns „Laien“ ist es zumindest eine Problematik) scheint eine der doch recht vielen Dinge zu sein, in denen Japan und Korea ziemlich ähnlich sind. Eine andere Option wäre, dass wir morgen Nacht in einem 24-Stunden-Spa schlafen. Die Internetcafés sind hier weniger einladend und oft auch nicht 24 Stunden geöffnet, doch dafür gibt es wohl gigantische Sauna-Badekomplexe, die rund um die Uhr offen sind und in denen es einen gemeinschaftlichen Ruhe- und Schlafraum gibt. Wäre bestimmt auch eine Erfahrung, das Problem ist nur, dass wir dann den ganzen Tag wieder mit unserem Gepäck und den Rädern herumgurken müssen, worauf wir nicht so richtig Lust haben. Da es schon spät ist, schlüpfen wir schließlich unentschieden und unverrichteter Dinge ins Bett und warten ab, worauf wir morgen Lust haben.
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