31.07.2010 (k) Bergen Lone-Camping (Bhf Arna) – Geilo mit dem Zug
Wie erwähnt sind die Wetteraussichten für das westliche Fjordnorwegen für die nächsten 10 Tage extrem schlecht. René hat kein ausgeprägtes Wunschgebiet, durch das er unbedingt radeln möchte und so gehen wir unseren Plan B an, mit dem Zug zurück nach Geilo zu fahren, was ungefähr auf halber Strecke zwischen Bergen und Oslo liegt und von dort dann ziemlich genau nach Süden bis Kristiansand radeln. Es ist Hochsaison in Norwegen. Daher hat es uns auch nicht überrascht, dass bereits vorgestern die frühen Züge der Bergenbahn ausgebucht waren. Für 16.18 Uhr sind aber noch Tickets verfügbar und so quatschen wir uns genauso in den Tag hinein, wie wir uns gestern hinausgequatscht haben. Zu unserem Glück regnet es nicht und das Zelt trocknet fast, bis wir es mittags verpacken. Nach dem Einkauf fürs Wochenende düsen wir die 5 Kilometer zum Bahnhof Arna und warten dort drei Stündchen auf den Zug. Es gibt sogar einen Sykkelwagen, in den wir die verpackten Räder stellen. Auch hier ist es so bizarr: ist das Rad im Säckli, kostet es nichts. Bei 15 Euro pro Fahrradkarte nicht unerheblich. Die nächsten dreieinhalb Stunden kommen wir in den Genuss einer Zugfahrt, die als eine der schönsten Europas gilt. Oder wahrscheinlich gleich mal wieder eine der schönsten der Welt – an Superlativen mangelt es in den Touristenbroschüren nicht. Oder sagen wir es mit jugendlicher Leichtigkeit. Eine echt so geilo Zugfahrt! Hoch hinauf schnaufen sich die Maschinen aufs Fjell, über Myrdal, wo alle verbliebenen Plätze mit Touristen aufgefüllt werden. Die meisten steigen aus der weltberühmten Flamsbahnen, die sich in 18 Kurven aus Flam heraufgeschraubt hat, zu uns um. Aber auch viele Radler nutzen die Chance, dem widerlichen Nieselregen und den tiefhängenden Wolken, die heute hier für eine kalte Stimmung sorgen, zu entfliehen. Wir folgen nun genau der beliebten Radstrecke Rallarvegen, die wir mit Uli und Matze auch beinahe gefahren wären. Nun können wir aus dem Trockenen die kleine Fahrradstraße neben der Zuglinie mit den Augen verfolgen. Den Rallarvegen sehen – hat doch auch etwas! Finse ist der höchste Punkt der Strecke und bietet mit dem auf 1200 Metern gelegenen Bahnwärterhäuschen angeblich auch den höchstgelegensten Arbeitsplatz Norwegens. Die Landschaft versprüht einen rauen Charme. Die kahlen Felsen, die vom Gletscherwasser getränkten eiskalten Seen, die rauschenden Flüsse, die ihr unverschämt klares, türkis leuchtendes Wasser gewaltvoll ins Tal werfen. Darüber ein kalter Wind, dazwischen ein paar Holzhäuser für flüchtende Menschen, Schneefelder und Gletscherzungen in den Höhen, grüner Bewuchs in der Ebene, der allem zu trotzen scheint, was ihn am Wachsen hindern will. Nicht ganz ungemütlich, so ein Zug, müssen wir zugeben. Ein paar Tapfere kämpfen sich noch über den Schotterweg draußen, doch es scheint, als wären die meisten „Biker“ heute in den Zug gestiegen. Der Haupttouristenstrom hat den Zug bereits wieder verlassen, als wir gegen halb neun an unserem Ziel sind. So, Geilo! Nur 50 Kilometer von Gol, wo wir vor ein paar Tagen mit Uli und Matze waren. Leckere Tortillas stopfen die Löcher in Renés knurrendem Magen – und aus Angst vor den morgigen 70 Kilometern geht dieser dann auch ziemlich schnell „abliegen“. Wir folgen nach einer Weile seinem Vorbild. Wer weiß, wann der dann morgen wieder fit ist und uns aus dem Zelt holt!