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Kultur muss auch mal sein

von sabbatradler
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Kultur muss auch mal sein

27.11.2009 (m) – Nachtzug Hanoi – Hué, ein Tag in Hué

Die Nacht im Schlafwagen geht schließlich auch vorüber und der Umstand, dass wir nicht wie gerädert dem Zug entsteigen, spricht dafür, dass wir wohl doch alle (trotz Schwitztheater und Frostbeulen wegen der wechselhaften Funktion der Klimaanlage) ein paar Stunden geschlafen haben. Schwüle, feuchte Hitze empfängt uns am Bahnsteig. Als wir mit dem Menschengewusel aus dem Gebäude herausgespült werden, haben wir auch schon das Schild „Welcome Mister Matthias“ vor der Nase. Inzwischen haben wir uns schon richtig daran gewöhnt die weitere Reise per Internet und E-Mail zu organisieren. Das klappt hier alles wunderbar und wenn man mit engem Zeitbudget reist, spart man wertvolle Zeit. Ein kleines Taxi bringt Uschi und Helga zum Victory Hotel, während für unsere Räder kein Platz mehr ist. Dafür ist der Hotelangestellte mit dem eigenen Mofa vor Ort und eskortiert uns durch die Straßen Hués. Auf diese Weise gewinnen wir gleich mal einen Einblick von der alten Kaiserstadt. Viele baumgesäumte, grüne Straßen und die weitläufige Anlage der Stadt am Parfümfluss lassen diese angenehm und einladend erscheinen.

Nach einer kurzen Erfrischung im Hotel leihen wir uns zu unseren Rädern noch zwei hinzu und starten sofort zum Kulturtripp. Wir sind ja nur einen Tag in der Stadt und das Angebot, sich mit alten Hinterlassenschaften der Cham zu beschäftigen, ist riesig. Der Reiseführer rät gar zu mehreren Tagen – müssen wir halt schneller fahren und intensiver staunen.

Zuerst stürzen wir uns ins Gassengewirr am Stadtrand. Echtes Vietnam – hektische Betriebsamkeit, Handwerker, Märkte, Händler…herrlich.  Ein kleines Café lädt mit einem schattigen Plätzchen und starkem vietnamesischem Kaffee zu einer kurzen Rast ein. Die feuchte Hitze strengt nach den kühlen Tagen in Nordvietnam doch ein wenig an. Sieben Kaisergräber lauern in der näheren und weiteren Umgebung mit hohen Eintrittspreisen und händlergesäumten Zufahrtsstraßen. Eines dieser alten Bauwerke muss genügen. Wir entscheiden uns für das Grab des Tu Duc, der mehr ein romantischer Dichter denn ein wahrer Kaiser war. Dementsprechend ist das große Gelände weiträumig, mit Gärten, einem See und diversen Pavillons auf Tu Ducs dichterische Tätigkeit ausgerichtet. Der Herrscher wollte sich vielmehr von seinem Volk abschotten, meditieren, Tee trinken und sich mit 50-Gänge-Menüs und seinen 104 Frauen beschäftigen. Die alten Kaisergräber wurden stets schon zu Lebzeiten der jeweiligen Herren gebaut, damit diese ganz nach deren individuellem Geschmack gestaltet werden sollten. Uns haut das allessamt dennoch nicht vom Hocker und so entschwinden wir nach einer zügigen Runde und den „Pflichtfotos“ dem Gelände und wenden uns der Suche nach einem Mittagessen zu. Wir unterweisen Helga und Uschi rasch in die vietnamesische Art Rad zu fahren. Und schon bald werden die Kurven schon perfekt geschnitten und die Spurwechsel mutig eingeleitet. Der Puls sinkt, die Schweißperlen auf der Stirn trocknen langsam, als wir uns auf einem kleinen Balkon in der Nähe der Zitadelle niedergelassen haben und bissfestes Gemüse, Fleisch und leckere Sößchen in dünne Reispapiere wickeln und uns munden lassen.

Nach dem Essen wenden wir uns der Zitadelle zu, in deren Inneren die alte Kaiserstadt liegt. Ein großer Flaggenturm weist schon lange vor Erreichen dieser auf selbige hin. Wir berappen das Eintrittsgeld und schlendern durch die Gebäude. Die Blütezeit der Stadt ist lange vorbei und so findet sich zwischen einigen Gebäuden die gerade renoviert werden auch gerne mal einfach nichts. Imagination ist alles! Vor allem von der viel beschriebenen „Verbotenen Purpurstadt“ ist nichts mehr da. Gerade das hatte uns doch interessiert, befanden sich doch hier Wohngebäude der kaiserlichen Konkubinen  und der Vergnügungspavillion. Helga und ich haben schnell genug und so verpassen wir dann doch noch einige schön herrgerichtete Gebäude im Westteil der Stadt. Katrin hat aber fleißig fotografiert und so hält sich die „Trauer“ in Grenzen. Während Katrin den kulturellen Overflow komplettiert und sich in der Abendsonne noch zu einer Pagode am Parfümfluss aufmacht, steuert der Rest der Truppe in einer erneut abenteuerlichen Radfahrt durch die Stadt das Hotel an.

Das Abendessen findet etwas unspektakulär in der Touristenmeile statt – nach Tagen des Schlemmens eine kleine Enttäuschung. Aber sich darüber ernsthaft zu beschweren, wäre dann doch etwas vermessen.

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