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ZurĂŒck auf Los

von sabbatradler
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Auf den Tag genau 5 Monate nachdem die Sehne plopp gemacht hat (wer wissen will, wie es ist, sich die Patellasehne zu reißen, kann hier hören), stehen wir am Bahnhof Bregenz und verabschieden uns von Votta, der uns hierher gebracht hat. Wir tauschen also nur den 22.11. mit dem 22.04. und es geht weiter!

ZĂŒge bringen uns von hier innerhalb einer Woche nach Lissabon, unsere bisher kaum verwendeten KlapprĂ€der gestalten uns diesen Schienen-Trip komfortabel. (Wer wissen will, wie es ist, mit dem Klapprad in den ZĂŒgen Österreichs, der Schweiz, Frankreichs, Spaniens und Portugals zu reisen, kann hier hören). Die ZĂŒge haben wir bereits fast alle gebucht, besonders fĂŒr ZĂŒge in Spanien ist das wichtig, denn wenn die App „full train“ anzeigt, kommt man einfach nicht mehr mit. SchĂŒtzt vor „vor dem verpissten Klo am Boden sitzen“, wie man es bei der DB kennt, bringt einen aber dann auch nicht weiter. Von daher steht der Reiseplan und sieht folgendermaßen aus:

Von Bregenz ĂŒber ZĂŒrich und Genf bringen uns Intercity und Regionalzug bis Lyon. Eine Strecke, ĂŒber die wir exakt so Ende November nachhause gekommen sind. Es reist sich angenehm und stressfrei. Wer in Genf arbeitet aber in Frankreich wohnt, nimmt auch gern mal seinen E-Roller mit in den Vorstadtzug. In Catalunya wĂ€re das nicht erlaubt. Aber als urbanes MobilitĂ€tsmodell finde ich die beiden schon auch eine gute Kombination.

Culoz lassen wir rechterhand liegen und erreichen am spÀten Nachmittag Lyon. Molle freut sich, keine Angst mehr zu haben, hier am Bahnhof von Herumrennenden umgerannt zu werden.

Unweit vom Hotel Meininger (eher Stil Jugendhotel – nicht zu verwechseln mit Jugendstilhotel) öffnen wir die TĂŒre zu einem kleinen libanesischen Lokal, das Hamoud (Name geĂ€ndert) seit seiner Rente betreibt. Als ehemaliger Marketingprofi (seit ĂŒber 30 Jahren in Frankreich) fĂ€llt es ihm leicht, uns das DegustationsmenĂŒ zu verkaufen, das es an diesem Abend ausschließlich gibt. Ein sanfter Mensch mit einem feinen Humor. In der KĂŒche eine Dame vom Fach, die Platte mit Hummus, Baba Ganoush, Linsenpaste, Warak Enab, Falafel und Chicken-Shawarma schmeckt vorzĂŒglich. Es folgt noch ein Moussaka. Uuuh, ein Moussaka, ist das nicht das fettige, griechische Hackfleisch aufgelauft und in Bechamel etrĂ€nkt? Nein, beruhigt Hamoud schmunzelnd, das fette Zeug wĂŒrden nur die Griechen so machen, das libanesische Moussaka sei da ganz anders und leicht. Deshalb seien die Libanesen ja auch schick schlank. Und die Griechen fett. Recht hat er. Also zumindest mit dem Moussaka. Ach ja, zum Abschluss gibt es einen Minztee – nicht so ein ZuckergebrĂ€u wie bei den Marokkanern, erklĂ€rt er – wir wĂŒssten ja, die schlanken Libanesen! Also mit OrangenblĂŒte. Mmh.

Lyon bietet uns am nĂ€chsten Morgen angenehmes Stadtbesichtigungswetter. Unsere kleinen RĂ€der sind genial. Wir dĂŒsen zur Altstadt und durch sie hindurch, entdecken Gassen und Ecken, die CathĂ©drale Saint-Jean und römische Ausgrabungen.

Ich statte sogar noch dem HĂŒgel mit der Basilique de FourviĂšre und dem Eiffelturm im Kleinformat – der hier nur „Tour MĂ©tallique“ heißt einen kurzen Besuch ab und schaue mir die Stadt von oben an.

Molle macht derweil Krafttraining auf einem Bordstein vor dem Temple du Change. Name ist Programm. Wieder mal eine schöne Stadt, die drittgrĂ¶ĂŸte Frankreichs im Übrigen. Sehr fahrradfreundlich außerdem. Das Stadtbild geprĂ€gt durch die beiden FlĂŒsse SaĂŽne und RhĂŽne – welch ein Luxus, gleich vier Ufer bieten zu können. Lyoner haben wir nicht probiert.


Der TGV InOui bringt uns am Mittag komfortabel nach NĂźmes. Eine alte Bekannte aus dem Herbst.

Doch ein paar neue Pfade schlagen wir schon ein. Liegt unser Hotel diesmal doch in einer anderen Region und wir erklimmen den HĂŒgel zum Tour Magne.

Und eine coole Rockkneipe haben wir gleich zur Stammkneipe fĂŒr zwei Abende erklĂ€rt.

Diesmal wollte ich nicht erneut am Pont du Gard vorbeifahren, weil der ja hier in greifbarer NĂ€he liegt und ich noch nie dort war.

Und so machen wir am nĂ€chsten Tag einen Ausflug dorthin. Mit dem Bus, der eine halbe Stunde fĂ€hrt. Im Stauraum unsere KlapprĂ€der. Das ist schon genial. WĂ€hrend die anderen paar Touristen von der Bushaltestelle latschen mĂŒssen und dorthin auch wieder zurĂŒckplatteln, kurven wir mit unseren Kleinen los, die Unesco SehenswĂŒrdigkeit zu entdecken. Wir machen es uns im Schatten gemĂŒtlich, genießen stilecht Baguette, Oliven und Bleu d’Auvergne und schließen den Kreis mit der Weiterfahrt nach Remoulins, um dort wieder in die Buslinie einzusteigen. Eine tolle, entspannte 5 km Runde – den kleinen Flitzern sei Dank.

FĂŒr diese Zugreise haben wir darauf geachtet, nur stressfreie Verbindungen zu wĂ€hlen, wozu auch die Abfahrtszeit zĂ€hlt. Also steigen wir um 11 Uhr am nĂ€chsten Morgen ausgeschlafen in den TER Regionalzug, der uns wohlbekannt ist. Er fĂ€hrt bis ĂŒber die Grenze ins spanische Portbou. Eine tolle Verbindung und eine sehr ruhige Fahrt.

Von dort ist es nurmehr ein Katzensprung mit der katalonischen Nahverkehrslinie Rodalies bis Figueres. Vom Hotelzimmer blicken wir auf den Decathlon und entschließen uns, schonmal ein Campinggas zu kaufen – es sollte das am kĂŒrzesten in unserem Besitz gewesene werden. (Am nĂ€chsten Tag wurde es uns in Barcelona beim Check-in fĂŒr den Schnellzug (der mit GepĂ€ckscan ablĂ€uft wie am Flughafen) als Gefahrgut wieder abgenommen. Immerhin haben sie unsere Messer (Opinel, Leatherman und Schweizer Sackmesser) nicht gefunden, ein Französischer Papa am Nachbarscanner musste seines rausrĂŒcken.

Der Rodalies bringt uns am nĂ€chsten Vormittag zuverlĂ€ssig ĂŒber Girona nach Barcelona, wo wir die drei Stunden Umstiegszeit mit einer Tour zur Sagrada Familia fĂŒllen. Diese wiederum ist auch gut gefĂŒllt (also innen schauen wir gleich gar nicht, außen genĂŒgt schon) – overtourism at its best.
Angeblich ist sie innen aber fast fertigrenoviert- und an der Außenfassade sieht man auch beachtliche Fortschritte.

Zwei Stunden dauert die Fahrt bis ins aragonische Saragossa, wo wir an einem ĂŒberdimensionierten Bahnhof ausgespuckt werden. Wow, warum so ein Bau? War hier nicht mal 
 ah, eine Expo. 2008.

Traurige Reste der Pavillons, FußgĂ€ngerbrĂŒcken und Wasserparkanlagen finden sich noch auf der anderen Seite des Flusses Ebro. Interssant, das Motto von vor 16 Jahren könnte nicht aktueller sein: „Wasser und nachhaltige Entwicklung“. Geholfen hat es nicht viel, wie es scheint. Die Nachbarregion Catalunya leidet unter massivem Wassermangel und hat bereits im Februar den Wassernotstand ausgerufen, der gerade erst in diesen Tagen fĂŒr den Moment aufgehoben wurde, da etwas Regen kam und die Stauseen zu 25 % im Schnitt gefĂŒllt sind.

Von den Römern unter dem Namen Colonia Caesaraugusta gegrĂŒndet hat Zaragoza, wie es in Aragon heißt, eine bewegte Geschichte hinter sich, wie so viele StĂ€dte in Spanien, Eroberung nach Eroberung – Germanen, Westgoten, Franken, nordafrikanische Muslime, Napoleon, Nationalsozialisten 
 Vieles davon bildet sich in der stĂ€dtischen Architektur ab, vor allem das Arabische durch die MudĂ©jar-Elemente.

Das Alte und das Moderne vermischen sich hier allerdings stark, was an manchen Stellen fĂŒr mein Auge kein so harmonisches Bild ergibt.

Die riesige BasĂ­lica del Pilar ist das dominierende GebĂ€ude der Stadt und die grĂ¶ĂŸte Barockkirche Spaniens. Um eine SĂ€ule herum auf der angeblich mal die Mutter Jesu dem Apostel Jakobus dem Älteren erschienen ist, wurde eine Kapelle gebaut, die sich im Laufe der Jahrhunderte durch Überbauen zu dieser Kathedrale (von innen nicht besonders sehenswert) mit mehreren Kuppeln evolutioniert hat.

Es ist Wochenende und so sind die Kneipen in der Stadt mal wieder gut gefĂŒllt – es gibt ein paar enge Gassen, in denen beinahe Tapas-Schlachten stattfinden, diese lassen wir schnell hinter uns. Es hat nicht den Charme von Logroño, wenn es auch dort sehr touristisch war. Durch unsere RĂ€der haben wir wieder eine sehr große Reichweite und finden fĂŒr uns passende LokalitĂ€ten. Am nĂ€chsten Tag haben wir nochmal viel Zeit fĂŒr die Stadt, da unser Zug nach Ciudad Real erst um 17 Uhr fĂ€hrt. Das Wetter ist ab mittags gut und so kurven wir noch etwas herum und können die lautstarken Bauernproteste beobachten – auch hier gibt es große Traktoren, mit denen man schön LĂ€rm machen kann.

Außerdem werfen wir einen Blick auf das römische Theater und bekommen unter anderem noch die arabische Festung zu sehen, die gut restauriert scheint, aber der der Charme einer höher gelegenen Festung wie in Malaga oder AlmĂ©ria fehlt. Auch heute besteigen wir wieder einen spanischen Schnellzug – heißt: GepĂ€ck wird gescannt. Die Securtiy-Frau will ein Messer entdeckt haben, sieht es aber nicht genau. Folge, der Kollege nimmt uns mit zum Auspacken und deutet auf zwei Taschen, um die es geht – eine weiße, eine schwarze … aber welche weiße? Weil die Packtaschen ja gleich aussehen, greife ich die, von der ich weiß, dass die Messer nicht drin sind. Das andere GepĂ€ck stellen wir ab. Hinter einer Trennwand packen wir vor den Augen des Security-Manns die beiden Taschen aus. Erinnert mich etwas an den GrenzĂŒbergang nach China, damals im Zug. Tapfer schaut er sich jeden Fitzel an, bis wir am Boden der Taschen angelangt sind. Tampons, Kabelbinder, NĂ€hzeug, BademĂŒtzen, Verbandszeug, Becher, Olivenöl, WĂ€scheleine, stinkige Socken, BremsbelĂ€ge, alte Unterhose … alles baut sich vor ihm auf. Wirklich viel Kleinscheiss da drin – aber kein Messer. Das muss sich die Kollegin wohl getĂ€uscht haben ;-).

Als wir in Ciudad Real aus dem Zug steigen, empfĂ€ngt uns eine kalte Brise. Wir stellen fest, dass wir etwas Höhe gemacht haben (also der Zug) und die Stadt auf 628 m liegt. Klar, dass es hier noch frischer ist. Wir sind noch froh um unsere Daunenjacken. Viel zu sehen gibt es in der Hauptstadt von Kastillien-la-Mancha nicht, vor allem sehen wir gut gefĂŒllte Kneipen und viele Restaurants.

Die Dichte ist unglaublich hoch und so scheint es noch unglaublicher, dass wir letztlich um 22 Uhr nach dem Aperieren im grellen Neonlicht in einer von Pakistani betriebenen Dönerbude enden, Shawarma und Falafel essen und mit Teenagern am Nachbartisch ĂŒber SchwĂ€nze (hat einer mit Ketchup auf seinen Teller gezeichnet) und Fußballstars reden. Wer hĂ€tte auch gedacht, dass wir hier einen Tisch beim Koreaner oder in einem der anderen ĂŒberfĂŒllten Restaurants hĂ€tten reservieren mĂŒssen? Der nĂ€chste Streckenabschnitt fĂŒhrt uns hinein ins Herz der Extremadura, wo die Bahnhofsvorsteher:innen noch mit SchildmĂŒtze und roter Fahne den Zug verabschieden.

In MĂ©rida machen wir Halt und bekommen im Hostal Eremitae ein tolles Zimmer mit großer eigener Terasse. Schade, dass wir das gar nicht ausnĂŒtzen können bei einer Nacht.

Das Tolle an MĂ©rida ist, dass sie als ehemalige Hauptstadt der römischen Provinz Lusitania zahlreiche reprĂ€sentative GebĂ€ude vorzuweisen hatte, deren Überreste gut erhalten sind und die einfach alle kreuz und quer in der Stadt herumstehen. Die meisten kann man von außen einfach so bewundern.

Ein kleines Rom mit Theater, Amphitheater, Circus, Forum, Tempel, BrĂŒcken und beeindruckenden AquĂ€dukten.

Alles auf engem Raum am schönen Fluss Guadiana.

Eine kurze Zugfahrt spĂ€ter steigen wir am nĂ€chsten Tag in Badajoz bereits wieder aus. Es ist Endstation der spanischen Linie und da nicht viele ZĂŒge am Tag hinĂŒber nach Portugal fahren, wollten wir auf Nummer sicher gehen und haben das erst fĂŒr den folgenden Tag geplant. Außerdem ist Badajoz der erste Ort, der uns im Herbst auf der RĂŒckreise aufgenommen hat. Damals hatten wir nur die Möglichkeit, ein paar Humpel-Schritte rund ums Hotel zu machen und haben doch tolle Bars gefunden und eine wunderschöne Weihnachtsbeleuchtung. Klar, dass wir uns diese Stadt nun nochmal genauer anschauen wollten.

Auch hier wieder gemĂŒtlich mit zwei halben Tagen Zeit und zwei kleinen RĂ€dern, die uns mehrmals quer durch die Stadt und in viele neue Ecken bringen.

Unter anderem auch hinauf auf die alte Festungsmauer mit Blick ĂŒber Stadt und Fluss.

Auf nach Portugal heißt es am nĂ€chsten Mittag. Das kleine grĂŒne BĂ€hnle wirkt etwas aus der Zeit gefallen, hat uns Ende November aber auch zuverlĂ€ssig hierher gebracht.

Heute nun also zurĂŒck bis Encontramento, von wo wir mit dem Intercity noch bis Lissabon fahren. Drei Stunden dauert das, vom „Ende“ Spaniens hinein in Portugals Metropole. Wie gewohnt liegt ein Kreuzfahrtschiff am Pier – hier, ja hier genau ist Molle von Bord gegangen und kurbelt nun wieder los.

Wie toll! ZurĂŒck auf Los und los geht’s – auf zu Gunnar, wo unsere TourenrĂ€der schlummern!

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