Dolenjske Toplice – Vinica: 44 km, 700 Hm
Nach dem obligatorischen Cappu in der Bar verlassen wir zur gediegenen Vormittagszeit das Thermalörtchen auf einer kleinen Nebenstraße in Richtung Süden. Leicht hügelig durch wunderbar waldige Landschaft mit einigen still daliegenden Dörfern, in denen sich außer ein paar Grillen niemand rührt, geht es zunächst auf Teer, später auf Schotter zügig voran. Die Mittagshitze hat die Oberhand gewonnen, als wir in Crnomelj in ein modern grün-ratan ausgestattetes Café einschwenken. Wir belassen es bei Cappuccino und Cola, auch wenn das große frische Bier an den Nebentischen reißenden Absatz findet. Um uns herum brauen sich schwarze Wolken zusammen, doch irgendwie ziehen sie nach einer Stunde weiter, als hätten sie keine Berufung. Oder eine spätere. Steffi und Markus werden heute Abend, wenn alles klappt, hier aus dem Zug steigen. Hoffentlich erwischt es sie nicht gleich auf ihren ersten 20 Urlaubskilometern mit einem üblen Gewitter! Ein junger Mann – ein bisschen buiseness-gekleidet spricht uns an: woher-wohin – der übliche Einstieg. Er spricht gut englisch, wie die meisten jungen Slowenen und erzählt, dass er auch nächste Woche nach Montenegro (zum Raften) und nach Albanien fährt. Ich lobe die Gegend mit „it’s very nice here“ – und spricht den Eindruck aus, den wir auch schon hatten: “ the town is not nice, it’s the least developed citiy in Slowenia … but the landscape, yes, it’s beautiful.“ Ich antworte, dass er ja zur Entwicklung beitragen kann, als junger Mensch, der in diesem tatsächlich etwas heruntergekommenen, ein wenig abgehängt wirkenden Kaff wohnt. Ja und so sei es, er ist Entwicklungsmanager des Ortes und für den Aufbau der Region Crnomelj zuständig. Na dann, an die Arbeit. Jetzt schaut er erstmal, wie weit Albanien ist, und wie es mit der Entwicklung dort läuft. Unser Auftrag ist kleiner – wir müssen nur noch etwas zu essen kaufen und dann die restlichen gut 15 Kilometer nach Vinica, dem Grenzort zu Kroatien radeln. Wir wählen wieder die Nebenstraße – wunderschön windet sie sich komplett geteert durch den Wald. Vielleicht sollte der Entwicklungsmanager anstatt in Albanien erstmal vor seiner Haustür schauen, um den Entwicklungsstand seiner Region auch richtig einzuschätzen – sich mal auf’s Rad schwingen. Er meinte nämlich, als wir ihn gefragt haben, auf welchem Weg wir nun weiterradeln sollen: „Best take the main road. The other road is very bad road, it’s not sealed!“
Auch Vinica ist ein Nest – ein besseres Dorf, wenn man so will. Zwei Kneipen, zwei Gaststätten, ein geschlossener Markt und eine Tankstelle – immerhin. Hier gibt es Luft für Molles soeben entstehenden Platten. Sie hätte keine hundert Meter weiter sein dürfen. 10m vor der Grenze geht es am Grenzfluss Kolpa, der ab der Mitte Kupa heißt, links hinein zu den Campingplätzen. Perfekt aufgestellt mit einer Holzofenpizzeria und einem gut gefüllten Bierkühlschrank. Acht Euro pro Person – ein Preis, der auf kroatischen Plätzen später leicht gedoppelt werden wird. Mittlerweile kommt aus den schwarzen Wolken doch ein wenig Nieselregen und wir flicken erstmal Molles Reifen, bevor wir dann das Zelt aufbauen. Es herrscht rege Betriebsamkeit auf dem Platz, was wahrscheinlich am morgen beginnenden, dreitägigen „Schengenfest“ liegt. Ein Rock-Punk Open-Air, das auf der angrenzenden Wiese stattfindet. Wir hören bereits den Soundcheck und als ich später noch einmal hinauf ins Dorf fahre kann ich von oben das große Festivalgelände überblicken und die Aufbauarbeiten beobachten. 6000 Leute werden erwartet. Wir spielen schon mit dem Gedanken, eine Tageskarte für morgen zu lösen – doch die Preise sind sehr hoch und wir kennen doch keine der – in Slowenien und Kroatien – allerdings wohl berühmten Bands. Die Holzofenpizza wird vom Käse erschlagen, macht also satt. Von Steffi und Markus haben wir die Nachricht, dass ihr Zug von München nach Ljubljana über 70 Minuten Verspätung hat. Sie können daher nur zwei Stunden später den Anschluss nach Crnomelj nehmen. Dann wird es allerdings knapp, noch vor Einbruch der Dunkelheit bei uns anzukommen. Wir warten und hoffen, dass alles klappt. Zweimal radel ich noch den Hang hinauf, um sie zu empfangen, aber als dann dicke Tropfen fallen (allerdings nur kurz) und es schon stockdunkel ist, ziehe auch ich mich zurück. Wir vermuten schon, dass die Armen irgendwo auf der Strecke komplett eingeregnet oder verhagelt werden oder sich irgendwo unterstellen, als sie 4 Minuten vor halb zehn völlig trocken auf dem Camping einrollen. Kaum vorstellbar, denn überall um uns herum ist es tiefschwarz und Donner grollt. Müde aber glücklich stehen sie da. „Bitte nochmal zwei Käsetotschläger für die beiden!“ – mit wenig Käse bestellt, aber man sieht eigentlich keinen Unterschied. Schön, nun sind wir komplett! Kroatien, wir kommen!