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Zwei Welten

von sabbatradler
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21.08.2011 (m) – Fahrt zum Krstac-Pass: 60km, 940 Hm

Es war ja klar! Fast schon genervt haben wir den Camping-Patrone gestern, wo denn früh morgens auf jeden Fall Schatten auf dem Platz herrscht. Zwei Plätz hinter einem Wohnwagen hat er uns zugewiesen. Um 7:23 Uhr brutzelt die Sonne aufs Zelt. Zwar nur gut 30 Minuten, dann verschwindet sie wieder hinter einem Baum, doch es ist lang genug, uns aus dem Zelt zu jagen. So finde ich mich schon in aller Frühe im Schatten der noch geschlossenen Camping-Bar und schreibe Tagebuch. Während unsere Freunde im Schatten noch träumen…
Wir lassen den Morgen ruhig angehen, immerhin so etwas wie in halber Pausetag steht an. Wir wollen erst spät am Nachmittag, wenn die drückendste Hitze vorbei ist, die 32 Kehren hinter Kotor, hinauf zum Lovcen-Nationalpark erklimmen. Eine oder zwei Runden baden im Meer, gemütliches Frühstück, dann noch ein Cappu in eimem nahegelegenen Café, direkt an der „Waterfront“. Dazu der Blick auf die steil aufragenden Berge, die fast senkrecht aus dem Meer über 1000 Meter in den Himmel schießen. Wahnsinn.
Wenig später steigt von einer nahegelegenen Bergflanke eine Rauchsäule auf, ein kleiner Waldbrand. Erst kommen die museumsreifen Feuerwehrautos aus Kotor gebraust, viel können sie offenbar nicht ausrichten, denn schon wenig später steigen die ersten Löschflugzeuge auf, die ihrer Arbeit bis weit nach Mittag verrichten. Interessant den tollkühnen Manövern zuzusehen. Einer ist wohl schon etwas übermüdet oder hat das Frühstücksbier nicht vertragen, jedenfalls fliegt er in ca. 20 Metern Höhe dirket über unseren Campingplatz. Kurz sehen wir das Teil schon direkt vor uns zerschellen, irgendwie wackelt er das Teil aber wieder übers Meer und nimmt wieder Höhe auf. Wow, das war ein richtiger Schocker!#
Wir hüpfen nochmals ins Meer, stärken uns mit eine paar Hafen Müsli und dann rollen wir los. Erst geht es 9 Kilometer flach an der Uferstraße entlang bis Kotor, dann schon schwingen wir uns in den ersten Kehren hinauf über den Ort. Die Passstraße existiert seit 1911 und ist hohe Straßenbaukusnt. Die Steigung beträgt fast die gesamt Zeit über um die 5%, ein Traum in Teer! Dazu die mit jedem Höhenmeter noch spektakulär werdenderen Ausblicke. Auf knapp 1000 m.ü.N.N. blickt man über alle Berge hinweg. EIn traumhafter Anblick. DIe Sonne neigt sich zunehmend und so bekommen wir in der Abfahrt dramatische Lichtspiele in schönsten Rottönen geboten. Diese Auffahrt hat sich in jeder Hinsicht gelohnt. Das muss man gefahren sein.
Als ich in einer sehr schmuddelig wirkenden Siedlung auf Katrin warte, die mal wieder ausgiebig der Fotografie frönt, beobachte ich eine kleine Gruppe Jugendlicher. Sie kommen gerade aus einem Markt und habe sich ein paar Weißbrote gekauft. Der eine braust mit dem Mofa entlang, bremst und slidet quer zu Straße, die anderen kommen gelaufen. Einer der Jungs schlendert zu mir herüber. Er ist groß, schlank, hat dunkle Locken und schöne, wache Augen. „Woher?“, fragt er mich. „Deutschland.“, sage ich. „Ah, ich war 10 Jahre in Hamburg, Asyl, weisch du, Asyl. Dann hat deutsche Polizei mich weggeschickt. Is scheise, deutsche Polizei.“ Ich blicke etwas betreten drein, so wie ich vor ihm stehe. Mit einem tollen Mountainbike, meiner Lenkertasche, die mit teurer Elektronik gefüllt ist. Wir unterhalten uns ein bisschen weiter, irgendwann im Gespräch meint er: “ Für dich ist Monenegro gut, für mich ist scheise! Keine Arbeit, es gibt nix zu tun.“ Ich frage ihn, ob es durch den Tourismus nicht mehr Arbeitsplätze gäbe, in einem Café oder Restaurant. „Nein, Polizei mach immer Stress, ich muss mich immer verstecken.“ Unterdessen ist Katrin eingetroffen, wir sprechen noch ein bisschen über Deutschland, Schule und Montenegro, dann verabschieden wir uns, wünschen ihm Glück. Er kann es, wie so viele hier, sicher gebrauchen. Wir vermuten, dass wir eine „Zigeuner“-Siedlung durchfahren haben, Sinti und Roma, die eigentlich nirgends auf der Welt einen Platz gefunden zu haben scheinen.Eines der vielen Ungerechtigkeiten, die unsere Welt bereithält.
Nachdenklich kurbeln wir die Kilometer durch die mittlerweile dunkel Landschaft zurück zum Campingplatz. Bei Bier, Wein und Pasta lassen wir den Tag ausklingen.

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