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Sicilia – la piu bella …

von sabbatradler
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Kalte Nächte, kalte Nächte in Palermo, o-o-ho!

Ein Tag steht uns für Salerno zur Verfügung – die Fähre legt erst am Abend nach Sizilien ab. Bis wir aber aus dem Hotel sind und mit Café und Einkaufsstopp ist es schon Nachmittag, als wir das Zentrum erreichen.

Genügend Zeit dennoch, die tolle Kathedrale (Duomo) mit dem Grabmahl des Heiligen Matteo zu bewundern:

Und durch die Altstadtgassen zu schlendern. Von oben hat man einen tollen Blick über den Hafen und die Bucht.

Gegen 17:30 begeben wir uns zum Fährhafen und werden nach dem Check-in am Schalter (sieht aus wie bei einem Gefängnisbesuch) auch schon zum Schiff geleitet. „Tunis?“, werden wir öfter gefragt und verneinen stets, „no – Palermo!“. Ach, in Palermo wollt ihr aussteigen? Machen wohl nicht so viele. Ziel der Fähre ist Tunesien und das erklärt auch, warum hier Autos vollbepackt mit Stühlen, Fahrrädern, Kinderwagen, Kinderrädern und sonst allerlei Produkten in der Schlange stehen.

Auf dem Schiff sind auch fast nur tunesische Männer – sie scheinen Profis dieser Route zu sein, denn obwohl wir sehr früh dran sind, sind die „besten“ Plätze schon mit Luftmatratzen, Decken, Matten und Tüten voller Brot und Linsensuppe, Datteln und Süßkram belegt. Auch ein paar Familien sind an Bord, die verschwinden allerdings in die Kabinen, so wie auch die wenigen Touristen. Wir finden noch eine recht ruhige Ecke neben der Treppe und nähe dem Ausgang zum Raucherdeck. Um draußen zu schlafen ist es definitv noch viel zu kalt, Kabine wollten wir keine, da wir sehr früh schon wieder ankommen und im großen Speise- und Aufenthaltssaal zwischen brüllenden Fernsehern und schnarchenden Monsieurs zu liegen, kommt nicht in Frage. Wie gut, dass wir unsere bequemen Helinox-Stühle dabei haben. Wir machen es uns darin gemütlich, futtern Oliven und Brot, bekommen Datteln als Nachspeise von betagten tunesischen Männern geschenkt und beobachten gegen Sonnenuntergang wie sich mehr und mehr Füße auf kleinen Teppichen einfinden, sich Hintern nach Westen und murmelnde Köpfe nach Osten neigen.

Die Toiletten sind tatsächlich unterirdisch dreckig – tut mir echt leid für diejenigen, die versuchen müssen, diese irgendwann mal zu putzen! Aber ansonsten halt ein gewöhnlich sprödes Fähren-Ambiente mit entspanntem Personal. Da sowieso jeder irgendwo liegen darf und niemand sich um nichts schert, entschließen wir uns zur Schlafenszeit einfach, unser Zelt in „unserer“ Ecke auzustellen. Wir packen alles Gepäck einschließlich uns hinein und kommen so noch zu ein paar Stunden relativ guten Schlafs, bevor uns um 5:30 Uhr bereits die Durchsage weckt, dass die, die nach Palermo wollen, jetzt dann mal ihre Kabinen verlassen sollen. Gilt das auch für unsere Stoff-Kabine? Tatsächlich glitzern die Lichter der Stadt bereits nicht weit entfernt von uns und um 6:00 Uhr legen wir an und dürfen von Bord rollen.

Tunesien – vielleicht dann ein andermal. Leider ist das Land gerade in einer großen Krise – politisch und wirtschaftlich. Jetzt ist erstmal Sizilien dran. „La piu bella isola d’Italia“ wie uns ein Festlanditaliener vor ein paar Tagen erklärte, als wir ihm erzählten, wohin wir denn wollten mit den Rädern.
Palermo in diesen frühen Morgenstunden ist jedenfalls schon mal besonders schön. Alles ist so ruhig, Jogger und Rennradfahrer allerorten, alte Männer beim Morgenspaziergang und Pferdekutschenlenker, Kioskverkäufer oder Geschäftebesitzer beim Vorbereiten, Plaudern und Saubermachen.

Am Platz im Herzen der Altstadt – Quattro Canti – spricht mich ein Herr an und erklärt mir alle vier Gebäude samt Architekten, den spanischen Königen, die darauf verewigt sind, den Schutzheiligen darüber, die für den jeweiligen Stadtteil in den sie blicken verantwortlich sind, die Brunnen darunter, die für die 3 Jahreszeiten und den nicht vorhandenen Winter stehen und woher die Quellen sie speisen. Alles im feinsten Italienisch und sehr detailliert, aber ich verstehe ziemlich viel. Fast schon habe ich Bedenken, er könne für seine Ausführungen Geld verlangen oder sich als weiterer Fremdenführer für den Tag anbieten, doch dann meint er, er müsse nun in die Sonne. Es ist noch kalt so früh am Morgen in der Hauptstadt.

Fake-Foto – Panorama vom quadratischen Platz

Wir ziehen weiter zum Mercato Ballarò. Diejenigen, die ihren Stand bereits voll aufgebaut haben, üben sich bereits im Markt-Schreien und übertrumpfen sich gegenseitig.

Die lokale Bevölkerung kauft ein fürs Wochenende – Ostern noch dazu, da muss genug herangeschafft werden, damit die Großfamilie satt wird.

Noch scheint der Markt sehr authentisch – gegen Mittag wird er sein Gesicht in einen Touristen-Hotspot mit „Palermo Streetfood“ vewandeln, wie wir am nächsten Tag sehen sollten.

Wir nutzen die frühe Uhrzeit für einen Besuch in der Kapuzinergruft. In den „Catacombe dei Cappuccini“ stehen und liegen über 2000 Mumien, die teilweise noch sehr gut erhalten sind. Über die Jahrhunderte hat sich die Kunst des Konservierens permanent verbessert. Bis 1670 wurden nur die Kapuzinerbrüder selbst dort bestattet, doch die Nachfrage aus der betuchteren Bevölkerung stieg zunehmen und so wurde auch Nicht-Brüdern die Erlaubnis zur Bestattung erteilt. Bis Ende des 19. Jahrhunderts war das möglich, dann wurde es von der Regierung verboten. Eine der letzten Leichname ist der Körper der knapp zweijährigen Rosalia, die erst 1920 gestorben war. Wir sind so früh dran, dass wir nur mit wenigen Touristen in der Gruft sind, was den Besuch sicher intensiviert. Ziel der Darstellung der Mumien war und ist es, die Besucher an ihre eigene Vergänglichkeit zu erinnern, was durchaus gelingt. Bilder davon gibt es im Internet.
Für einen ersten Einblick war dieser Morgen in Palermo sehr geeignet und wir machen uns auf zum Campingplatz im Norden in Sferracavallo. Dieser kleine Fischerort liegt am Fuß des mächtigen Pizzo Sella.

Der Berg, der vom Ufer des Dörfchens wie ein gigantischer Kletterfelsen aussieht birgt auf seiner Rückseite eine Kuriosität. Dort ganz weit hinauf ist er bebaut mit Villen. Von diesen Villen sind aber nur sehr wenige bewohnt, der Rest sind Gerippe. „Hügel der Schande“ wir der Berg auch genannt, hat doch die Mafia dort illegal den gesamten Hang bebaut, konnte aber diese Villen niemals beziehen, da Strafverfolgung drohte. Ein Friedhof von Mafiavillen. Eine sehr spannende Geschichte, die in einer durchaus interessanten und sehenswerten Reportage von Galileo umfassend erzählt wird. Reinschauen lohnt sich, dann erfahrt ihr auch, was deutsche Studenten mit den Villen zu tun haben und wie Aktivisten versuchen, die Häuser alternativer Nutzung zugänglich zu machen.

Auf dem Campingplatz „Delle Ulivi“ treffen wir auf Fred und Elisabeth. Ursprünglich Niederländer aber vor Jahrzehnten nach Neuseeland ausgewandert. Mit ihrem Mercedes von 1957 und einem Anhänger mit Zelt sind sie seit neun Jahren auf Reisen. Wo sie überall waren und was die beiden erlebt haben, schreiben sie in einem wöchentlichen Facebook-Blog. Gerne könnt ihr hier reinsehen. Wir verbringen zwei lange Abende gemeinsam bei Wein, Bier und Honigwein und tauschen Geschichten und Meinungen aus. Die beiden sind knapp Mitte 70 und wollen noch reisen so lange es geht. Limitierend sind hierbei wohl vor allem der Faktor Versicherungen. Ab einem gewissen Alter bekommt man wohl keine Krankenversicherung fürs Ausland mehr und auch keine mehr für dieses Auto. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Fred und Elisabeth sind ein lebendes Beispiel dafür, dass der Weg irgendwann in einem überdimensionierten Plastik-Wohnmobil sitzen zu müssen nicht zwangsläufig und vorgefertigt ist. Danke für diese Begegnung!

Die beiden sind übrigens gerade frisch aus Tunesien zurückgekommen, wo sie fünf Wochen herumgekurvt sind und ihre Begeisterung für diese Reise schwingt noch richtig nach.
Der nächste Tag ist nochmal Palermo gewidmet. Da Ostersonntag ist versprechen wir uns wenig Verkehr und auch insgesamt wenig Hektik. Wir sollten Recht behalten. Die 14 km in die Stadt und wieder heraus lassen sich einigermaßen entspannt radeln.

Auf dem Hinweg genießen wir ein Mittagessen von der Catering-Bäckerei. Bereit und schön in viel Plastik abgepackt stehen bereits zig Tüten zum Abholen für Osterfreudige, die nicht kochen möchten.

In der Altstadt tummeln sich zwar Touristen, aber es ist nicht überfüllt. Wir fahren die Liste der Sehenswürdigkeiten ab – Kathedrale

Pretoriabrunnen

Normannenpalast und San Cataldo Kirche und manches mehr.

Über das Opernhaus Teatro Massimo kurven wir am Nachmittag wieder zurück ins Fischerdorf.

Palermo, durchaus eine sehenswerte Stadt – viel weitläufiger, breiter und entspannter als wir es uns vorgestellt hatten. Wir hatten viel mehr Enge, Trubel und Verruchtheit erwartet, wie in Napoli.

Aber Palermo zeigt sich uns von einer schönen und natürlich auch touristischen, herausgeputzten Seite. Und der Markt am Ostersonntag als Partymeile.

Am nächsten Tag gelingt uns wegen des kalten, windigen und immer wieder regnerischen Wetters nichts von dem, was wir eigentlich machen wollten und so verlassen wir am nächsten Tag den Camping und somit Palermo Richtung Westen.

„You can’t see it all“ – ein Motto, das nicht nur Fred und Elisabeth sondern auch wir uns immer wieder vor Augen führen, weil es einfach so ist. Und es ist auch nicht schlimm.

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