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Assisi hat doch was mit Leiden zu tun, oder?

von sabbatradler
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03.09.2011 (k) Camping Prato – Assisi: km, Hm
Der Morgen beginnt wirklich einmal mit einer Abfahrt, die den Namen auch verdient hat. Downstairs, downstairs, downstairs bis hinunter auf die Terrasse einer Bar und hinein in die Zuckerschlacht mit Teilchen der Pasticceria Sibilla. Visso ist wieder einmal ein Kleinod von einem Abruzzenort – mit seinen Alimentaris, in denen man Stunden verweilen könnte und herabhängende Schinken beobachten, mit seinen Bars an der Piazza, mit seinen Tabaccherien, die eher Treffpunkt als Verkaufsort sind, mit seinen „fruta e verdura“-Läden vor denen buckelige, schwarz gekleidete Omis schwer atmend die Auslagen bewundern, mit seinen ineinander gebauten Häusern, den dunklen Gassen und den Nebenpiazze, auf dem sich manch ein Herr von Rang und Namen mit der Gazetta dello Sport auf einem Bänkchen im Schatten niederlässt. Gehört das „savoir vivre“ wirklich nach Frankreich? Mit genügend Zucker im Blut für die nächsten fünf Wochen geht’s für uns weiter. Eine Ehrenrunde (senso unico Schilder sollte man einfach i m m e r ignorieren!) sind wir auf der richtigen Route und auch schon wieder in einem kleinen Anstieg – was soll denn der Käse? Ach so, der Formaci Pass (815m) will schnell überwunden werden. Wir haben für heute sowieso eine vermeintlich gemütlichere Route gewählt, lieber etwas außen herum, als wieder alle Hügel mitnehmen, denken wir uns. Trotzdem sind wir uns einig, die recht stark befahrene Hauptstraße gegen eine Alternativroute, die 150m höher geht, einzutauschen und biegen ab. Wir machen noch aus, im Anstieg bei einer sich bietenden Gelegenheit den Pasta-Stopp einzulegen, doch Matthias ist einmal mehr so schnell, dass er bereits wieder oben ist, als wir ihn mit dem schlotenden Kamin der Trattoria mit cucina tipica im Rücken anrufen. Tina, Molle und ich genießen also Pasta und Salat in der Schattigen Laube der urigen Lokalität, Matthias fährt hinüber nach Colfiorito und findet dort sein kulinarisches Glück in einer Osteria. So sind dann auch alle gestärkt und wir können gemeinsam die Weiterfahrt nach Nocera Umbra angehen – tatsächlich geht es (bis auf einen fiesen Ortsanstieg in Annifo) fast nur bergab bis dorthin. Die schroffen, alpin wirkenden Berge sind mittlerweile von einer anmutigen Hügellandschaft abgelöst worden. Nocera Umbra ist eine Wasserstadt – Zeit für einen macchiato und zum Wasserfassen. Das dies ein wichtiger Akt sein sollte, wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Nachdem wir die Hauptstraße unterquert haben, zeigt uns Dr. Google noch 20 Kilomter bis Assisi auf einer schönen, kleinen Teerstraße an. Motiviert treten wir in die Pedale, lassen die Pferde mit den komisch angezogenen Ritterspielern und die Trommelformationen hinter uns, die sich gerade auf einer Wiese versammeln, um irgend etwas historisch Bedeutsames nachzuempfinden. Wir empfinden dafür Hitze und harte Oberschenkelmuskeln – bedeutsam genug für uns. wunderschön schlängelt sich die Straße hinauf bis zum Rocca di Postignano – einer Ansammlung von Steinen – mit gutem Willen noch als Kirche oder kirchenhaftes Bauwerk zu erkennen – das irgend so ein mittelalterlicher Spinner wieder auf den höchsten Punkt seiner kleinen Umgebung gesetzt hat. Ich bin eh schon hinten abgeschlagen, da hält mich noch eine italienische Familie auf und fragt mich aus ihrem klimatisierten, pseudo-Geländewagen-BMW nach dem Weg zu irgendsoeinem Aldessitz, der sie aus dem Reiseführer heraus hochglanzmäßig anlacht. Ich versuche noch Dr. Google zu befragen, doch die Hightech-Autofahrer können nicht so recht mit meiner mit zwei Fingern verschiebbaren Karte umgehen, so dass ich ihnen auch nicht sehr viel weiter helfen kann, als sie weiter zu schicken – die Richtung stimmt schon, kommen nur noch 1000 andere Ministraßen zum Abbiegen. An der nächsten warten Gott sei Dank Molle und Matthias, denn sonst wäre ich sicherlich bergab gefahren, denn das es noch weiter hoch geht, ist mir unbegreiflich. Stattdessen wird es sogar noch richtig steil und die Fliegen lassen sich nur noch dadurch von meinen Ohren und sonstigen Öffnungen abhalten, dass ich meine Warnweste zu einer Kopfburka umfunktioniere. Ist das jetzt ein Trost, dass hier schon mal der heilige Franziskus herumspaziert ist – dass Assisi was mit Leiden zu tun hat (wer sagt das überhaupt, außer Molle?). Irgendwann sind wir auch hier oben – der Beweis sind zwei Picknickgarnituren und zwei keuchende Mountainbiker, die von der anderen Seite kommend gerade hier anhalten und ihre Auffahrt beendet zu haben scheinen. Die Abfahrt durch den kleinen Nationalpark … ist spannend – wir sind froh, dass alles geteert ist, denn die Rampen sind wirklich steil, die Straße hat viele Schäden und ab und zu braust ein Reicher schnell herauf, denn es ist ja Wochenende und man muss noch rechtzeitig zum Abendessen im Nobel-Agriturismo einlaufen! Matthias stöhnt bei jedem kleinen, aber feinen Gegenanstieg ob seines angeritzten Gliedes (Kette natürlich) und wir stöhnen sowieso. Endlich entdecken wir in der Ferne die Festungsmauern des Rocca Maggiore von Assisi. Nur noch eine länglich ansteigende Talausfahrt und das erste Foto kann geschossen werden: Männer vor dem Ortsschild Assisi – das heißt so viel wie: wir habens geschafft! Da sind die 100 Höhenmeter bis zum Camping doch ein Kinderspiel. Molle und ich greifen schnell noch die Notsubstanzen: Bier, Wasser, Weißwein, San Bitter, frische Tagliatelle und Nusssoße. Wer weiß, was uns erwartet? Der Campingplatz ist naturnah in schönen Terrassen angelegt. Natürlich gibt es alles, wenn man alles hat – ein Restaurant und eine Shop-Bar-Kombination. Doch sind alle froh, sich nicht mehr groß vom Zelt wegbewegen zu müssen und so verfallen wir in ein Gemütli-Stadium, das wir durch noch mehr Bier aus der Bar und den Entschluss, morgen hier einen Verweiltag zu machen, noch intensivieren.

3Sep2011

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